Der Dezember 2019 ist für mich ein besonderer Monat.
Zum zwanzigsten Mal nämlich jährt sich ein Erlebnis, das mein Leben völlig verändert hat. Damals wusste ich das noch nicht und konnte nicht absehen, wie sehr meine Zukunft dadurch geprägt werden sollte:
Völlig überraschend sprach Gott im Dezember 1999 in mein Herz hinein und was er damals sagte, prägt noch heute mein Denken, Trachten und Arbeiten.
1986 kam ich zum Glauben an Jesus Christus. Zuvor hatte ich mit dem Christentum lange nichts mehr zu tun, denn im Alter von zwölf Jahren wandte ich der Kirche den Rücken zu, weil ich als Kind keine Anknüpfungspunkte für einen lebendigen Glauben finden konnte. Als ich später ganz bewusst Christ geworden war, entdeckte ich einen Reichtum an christlicher Geschichte, der mich faszinierte. Ich stellte auch fest, dass der christliche Glaube meinen Verstand heraus- und immer wieder auch überforderte, zugleich jedoch die Bibel die besten Antworten auf die grundlegendsten Fragen des Menschen als Individuum und als Teil unterschiedlichster Sozialgemeinschaften wie Familie, Arbeitskollegium, Nachbarschaft und Stadtgemeinschaft zu geben wusste. Und dann war da noch das unerklärliche Erleben von Gottes Gegenwart und seiner Liebe in meinem Leben, auf das ich selbst nur mit Liebe Gott gegenüber antworten konnte.
Neben meiner Familie und meinen Beruf investierte ich mich fortan gerne und viel in eine Kirchengemeinde, wo ich bald mehr und mehr in Verantwortung wuchs. 1998 fiel mir jedoch auf, dass es eine Fehlentwicklung in meiner Entwicklung gab: Ich war zwar zu einem guten Mitarbeiter Gottes geworden, der sich stark engagierte, doch meine Liebe zu Jesus Christus hatte sich nicht mehr weiterentwickelt. Ein Abgleich mit den Evangelien bestätigte mir, dass ich etwas ändern musste, denn Gott sucht nicht in erster Linie Mitarbeiter, sondern Menschen, die in einer nahen und vertrauensvollen Beziehung mit ihm leben möchten.
Als Konsequenz aus dieser Reflektion suchte ich das Gespräch mit den Leitern der Gemeinde. Ich bat sie um eine einjährige Freistellung von vielen der Aufgaben, für die ich damals verantwortlich war. Mir war es wichtig, nicht in erster Linie weiter für Gott zu arbeiten, sondern vor allem in seiner Nähe zu sein, um ihn besser kennenzulernen. Ich wollte die freiwerdende Zeit nutzen, um Gott regelrecht zu suchen und ihm ganz bewusst meine Zukunft mit der Frage hinzulegen, wo ich mich wie, am besten und in seinem Sinne engagieren solle.
Ich begann damit, an Wochenenden alleine wandern zu gehen und trat auf meinen Wegen betend mit Gott in einen Dialog. Ich wählte abgelegene Pfade, um in der Abgeschiedenheit der Wälder mit Gott alleine sein zu können. In der Stille des Waldes öffnete sich mein Herz für Gott und ich spürte, wie ich ihm näher kam. Manchmal war das Empfinden seiner Gegenwart so stark, dass ich nicht anders konnte, als stehenzubleiben, um über Gottes Nähe zu staunen oder sie auf mich einwirken zu lassen. Diese Momente waren Zeiten großer Intimität mit dem Schöpfer.
Auf einer dieser Wanderungen geschah es dann, dass Gott die alles verändernden Worte in mich hinein sprach. Ich ging gerade einen schmalen Weg entlang, der sich zu einer kleinen Lichtung hin öffnete, auf der eine Holzhütte stand. Als ich auf sie zuging um sie mir anzusehen, hörte ich Gott in meinem Inneren, der mich auf die Worte aus dem Propheten Amos hinwies:
„An jenem Tag richte ich die verfallene Hütte Davids auf, ihre Risse vermauere ich, und ihre Trümmer richte ich auf, und ich baue sie wie in den Tagen der Vorzeit, damit sie den Rest Edoms und all die Nationen in Besitz nehmen, über denen mein Name ausgerufen war, spricht der HERR, der dies tut.“ Amos 9,11–12
Ich stand vor der Hütte, getroffen von diesen ungewöhnlichen Worten und zugleich verwirrt. Was war die Hütte Davids überhaupt? Was sollte es bedeuten, dass Gott sie wieder aufbauen will und was hatte das alles mit mir zu tun? Für jemanden der nicht glaubt oder der noch nie erfahren hat, wie es ist, wenn Gott durch seinen Heiligen Geist in sein Leben spricht, mag sich diese Geschichte merkwürdig anhören, das verstehe ich gut. Natürlich muss sich ein solches individuelles Erleben auch später an der fassbaren Realität messen lassen.
Damals war ich erstaunt und überfordert angesichts dieses Erlebnisses. Heute, wo ich sehen kann, was aus diesem Impuls entstanden ist und wie positiv seine Umsetzung heute in meine Stadt und darüber hinaus hineinwirkt, bin ich dankbar, dass ich ihn ernst genommen habe.
Während ich weiter vor der Hütte stand, begann Gott, mir die Bedeutung seiner Worte und das, was ich tun sollte, mit etwa den folgenden Worten zu erklären:
„Schau dir diese Hütte an. Eigentlich sollte sie ein Ort des Schutzes sein, doch die Wände sind beschädigt, so dass Regen und Wind eindringen können. Überall liegt Müll und die verbliebenen Wände sind mit obszönen Sprüchen beschmiert. Eigentlich sollte man von dieser Hütte einen freien Blick haben, doch sie ist lange nicht mehr gepflegt worden und deshalb konnten Büsche und Bäume ungehindert wachsen, und die Sicht auf die am Fuß des Berges liegende Stadt ist blockiert. Diese Hütte ist ein Bild für die Kirche. Auch sie sollte ein Ort sein, wo Menschen Schutz finden, doch wichtige Teile fehlen und das ganze Gebäude ist vom Einsturz bedroht. Sie sollte ein Ort der Reinheit und der Heilung sein, doch auch in ihr gibt es Unreinheit und verborgene Sünde. Sie ist gedacht als ein Ort der Gemeinschaft, doch stattdessen ist sie geteilt, zerstritten und uneins. Sie sollte hoch oben stehen und meine Sichtweise kennen, doch ihr Blick ist verstellt, weil sie meine Gedanken nicht kennt. Ich möchte, dass du in Freiburg ein überkonfessionelles Gebetshaus aufbaust. Es soll dazu beitragen, dass meine Kirche wieder geheilt wird.“
Der Weg der Umsetzung dieser Worte war herausfordernd. Zu dieser Zeit sprach in Deutschland noch niemand über Gebetshäuser. Es gab keine Vorbilder im Land, keine theologisch erarbeitete Grundlage und keine Erforschung der Kirchengeschichte hinsichtlich der Frage, ob es früher schon Gebetshäuser gab und wenn ja: welche Auswirkungen sie auf Kirche und Gesellschaft hatten.
Aber es gab diesen starken Impuls Gottes und ein großes Ja in mir. In der Folge habe ich mein ganzes bisheriges Leben losgelassen, um dieses Ja praktisch umzusetzen.
Seit vielen Jahren gibt es nun bereits ein Gebetshaus in Freiburg. 140 Mitarbeiter aus den unterschiedlichsten Kirchen und Gemeinden beten fast rund um die Uhr. Das Gebetshaus investiert sich darüber hinaus mit den unterschiedlichsten Angeboten in Stadt und Land. Es ist in der kirchlichen, aber auch der gesellschaftlichen Welt Freiburgs gut vernetzt und genießt Anerkennung und pflegt Freundschaft mit vielen Verantwortungsträgern.
Doch der Traum ist noch nicht erfüllt.
Trotz alledem, was in den letzten zwanzig Jahren Wunderbares entstanden ist, schlägt mein Herz noch für die Erfüllung des Traums, wenn nicht sogar mehr als damals im Dezember 1999.
Ich sehne mich immer noch nach der Erfüllung des Traums, weil es ein kleines Wort gibt, welches dem noch entgegensteht. Dieses Wort heißt „fast“. Wir beten „fast“ rund um die Uhr. Aber eben nur „fast“. Noch immer gibt es Stunden, in denen niemand betet und der Gebetsraum verwaist ist. Noch immer müssen Gebetszeiten ausfallen, wenn Mitarbeiter plötzlich verhindert sind. Noch immer gibt es praktische Arbeitsbereiche, in denen es viele Visionäre, Pioniere und Verwalter braucht, die sich mit ihren Begabungen investieren, um dem Gebet "den Rücken zu stärken". Die Arbeit, die im Hintergrund eines Gebetshauses getan werden muss, um das kontinuierliche Gebet zu ermöglichen - wie zum Beispiel die Verwaltung, die IT und vieles andere - wird oftmals nicht bedacht, wenn man an ein Gebetshaus denkt.
Je größer das Gebetshaus Freiburg wird, desto klarer wird mir, warum König David neben 4.000 Musikern und 288 Sängern auch 4.000 sogenannte „Torwächter“ berief, um den kontinuierlichen Dienst an Gott zu gewährleisten (siehe 1.Chronik 23,5 & 25,7).
Zwanzig Jahre nachdem ich damit begonnen durfte, Gottes Traum zu träumen, träume ich intensiver als je zuvor. In meinem Traum gibt es 400 Frauen und Männer jeden Alters, die als geistliche Gemeinschaft das Gebetshaus Freiburg bilden. Sie tun das nicht etwa, weil sie meiner Vision folgen, sondern weil auch sie angefangen haben, diesen Traum Gottes zu träumen. Sie tun es, weil sie von der Schönheit Gottes erfasst wurden und die gewaltige Kraft der Fürbitte und der Anbetung erkannt haben. Sie tun es, weil sie voller Sehnsucht nach Gottes Gegenwart in der Kirche von heute sind.
Ich schaue danach aus, dass der Heilige Geist 260 weitere Pioniere ins Gebetshaus schickt. Es verlangt mich danach, endlich mit dem kontinuierlichen Gebet zu beginnen um nie mehr aufzuhören. Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit, aber ich werde nicht damit aufhören, diesen Traum zu träumen und diesen Lauf zu laufen.
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