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AutorenbildRainer Harter

Alles gut! (?)


„Ich hab dir nie einen Rosengarten versprochen“ - so heißt der autobio-graphische Roman von Joanne Greenberg, der 1964 veröffentlicht und zum Welterfolg wurde. Er handelt von der psychischen Erkrankung der Hauptfigur Deborah, be-schreibt ihren Weg durch Tiefen und erzählt von ihren Begegnungen mit anderen Leidenden und schließlich von ihrer Heilung.


An den Buchtitel „Ich hab dir nie einen Rosengarten versprochen“ muss ich manches Mal denken, denn er trifft auch auf den christlichen Glauben zu. Jesus hat seinen Nachfolgern nie versprochen, dass sie ein unbeschwertes Leben führen würden - sogar das Gegenteil ist der Fall. Nicht nur sind wir Christen ganz normale Menschen, die krank werden, Leid erfahren und manchen Verlust erleiden: in unserem speziellen Fall können sogar noch Dinge wie Hohn, Anklage und Verfolgung hinzukommen - auch, wenn es sich in unseren Breiten damit (noch) in Grenzen hält.


Gerade in der westlichen Welt aber hat sich in manchen christlichen Kreisen die Vorstellung entwickelt, dass Gott ein Garant für ein sorgenfreies, allezeit gelingendes Leben sei. „Komm zu Jesus und alles wird gut“ wird mancherorts vollmundig versprochen.

Jesus hat Menschen nie so angesprochen. Er sprach von Umkehr, von einem neuen Leben und von einem Königreich, das noch auf dem Weg des Werdens ist.

Aber er hat nichts von einem in allen Bereichen gelingendem Leben gesagt.


Es verursacht mir Schmerzen, wenn ich Menschen begegne, die den Halbwahrheiten eines oberflächlich verkündeten Evangeliums zu glauben versuchen, dann recht bald feststellen, dass der Glaube eben doch kein Schneeballsystem mit Erfolgsgarantie ist und schließlich - aus der Scham heraus, dass das versprochene Paradies auf Erden für sie wohl verschlossen zu sein scheint - damit anfangen so zu tun also ob: Krankheiten, Misserfolge und Krisen werden verschwiegen und es wird versucht, die Fassade aufrecht zu erhalten. Aber das geht nicht lange gut. Das „Evangelium vom gelingenden Leben“ ist letztlich eine Tyrannei.


Der Gott der Bibel ist anders. Er bestraft oder verteufelt diejenigen nicht, die in ihrem Leben scheitern. Er geht mit denjenigen durch die Feuer, die in ihrem Leben ganz real und existenziell bedrohlich brennen. Er weiß, dass es dunkle Täler auf unserem Weg gibt und steht so fest zu uns, dass er mit uns mitten hindurch geht. Er fürchtet die Dunkelheit des Leids nicht und seine Nähe gibt uns Licht in tiefster Nacht.


Nein, es ist kein Beleg dafür, ein besonders erfolgreicher Christ zu sein, wenn unser Leben gelingt - es ist reine Gnade. Und es ist nicht automatisch ein Zeichen für zu wenig Glauben oder mangelnde Hingabe, wenn das Leben nicht den Erwartungen einer Gruppe entspricht.

Es wird weiterhin ungelöste Probleme und unbeantwortete Fragen geben.

Der größte Erfolg in unserem Leben ist, wenn wir unabhängig von unseren aktuellen und oft wechselnden Lebensumständen in der Lage sind, eines tun zu können: zu vertrauen. Dieses Vertrauen ist es, das uns in der Nähe Gottes bleiben und uns Leid aushalten lässt.


Nein, es wird nicht alles gut werden, solange wir auf dieser Erde leben.

Aber wir werden nie allein sein.


Alles Liebe. Rainer


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1 komentarz


Wegwarte
Wegwarte
13 mar 2023

Als ich nach über 30 Jahren Suche in der falschen Richtung schließlich Christ wurde, habe ich nicht erwartet, dass das Leben nun zu einem "Rosengarten" oder einem "Ponyhof" wird, wohl aber, dass meine Sehnsucht nach Gott nun endlich gestillt wird. Zwar erlebe ich Gottes Reden auf unterschiediche Weise, wofür ich auch sehr dankbar bin und was mich auch "bei der Stange" hält, aber die Sehnsucht, die ja der eigentliche Grund meiner Suche und meiner Hinwendung zu Gott war, ist weiterhin ungestillt, das "gottförmige Loch" in meiner Seele weiterhin vorhanden. Geht es nur mir so? Stimmt etwas nicht mit mir? Warum fühle ich mich noch nicht "angekommen", so wie die ganzen anderen Christen, wenn sie z.B. bei "ERF MenschGott" gefragt werden,…

Polub
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